Sind Sie für einen ­Kulturwandel bereit?

Frauenförderung im Autogewerbe

Sind Sie für einen ­Kulturwandel bereit?

13. Oktober 2023 agvs-upsa.ch – Die Förderung von Frauen als Lösung gegen den Fachkräftemangel: Die Studentin Michelle Weber widmete sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, School of Management and Law, diesem spannenden Thema. Das sind ihre wichtigsten Erkenntnisse inklusive wert­vollen Tipps für die Garagen. Michelle Weber, Dr. Daniela Frau und Cynthia Mira


Michelle Weber, Studentin und Autorin der Bachelorarbeit an der ZAHW.

Es ist kein Geheimnis. Der Frauenanteil im Autogewerbe ist tief, und das schon immer. Zudem kämpft die Branche mit einem Fachkräftemangel, der besonders die Werkstattberufe betrifft. Allerdings kann die gezielte Frauenförderung ein effektives Mittel gegen diesen Fachkräftemangel sein. So bietet das Autogewerbe eine breite Palette an interessanten Berufen. Zu nennen sind etwa die Grundbildungen zum Kaufmann respektive zur Kauffrau im Büro oder zum Automobil-Mechatroniker und zur Automobil-Mechatronikerin in der Werkstatt. Kurzum: Die Branche bietet für alle etwas Passendes. Trotzdem gilt sie noch immer als Männerdomäne und die Berufe werden als klassische Männerberufe angesehen. Das zeigt sich jährlich beim Blick auf die Geschlechterverteilung bei den Lehreintritten: 2022 haben 2958 neue Lernende ihre Grundbildung gestartet, darunter sind nur 240 Frauen. Dabei weisen vor allem die technischen Berufe, wie der obengenannte Bildungsweg zur Automobil-Mechatronikerin, mit etwas mehr als 6 Prozent einen sehr tiefen Frauenanteil aus, wohin­gegen bei den KV-Berufen der Frauenanteil mit knapp 55 Prozent sogar den Männeranteil übersteigt.

Aber woran liegt das? Die Antwort: vor allem an den noch immer herrschenden Geschlechterstereotypen. Diese lauten beispielsweise, dass Frauen sich nicht für Technik interessieren, oder dass Auto eine Männersache ist. Diese geschlechtsspezifischen Berufsbilder eignen sich Kinder bereits im frühen Alter an, und sie lassen sich im Verlauf des Lebens ohne gezielte Bewusstseinsbildung nur schwer wieder ablegen. Diese Bilder haben auch einen grossen Einfluss auf die Berufswahl. So halten zum einen die Geschlechterstereotypen viele junge Frauen von einer technischen oder handwerklichen Berufswahl ab. Zum anderen herrschen immer noch viele informelle Barrieren wie beispielsweise über die körperliche Anstrengung der Arbeit, die jedoch mittlerweile gut mit verschiedenen Hilfsmitteln überbrückt werden kann.


Um Frauen für das Autogewerbe zu begeistern, braucht es in den Garagen ein neues Mindset. Foto: AGVS-Medien

Frauen als grosses Arbeitskräftepotenzial
Das Autogewerbe kämpft vor allem in den technischen Berufen mit einem Fachkräftemangel. Auf ausgeschriebene Stellen erhalten Arbeitgebende immer weniger Bewerbungen. Zudem lassen sich unter den Bewerbungen nur mit Mühe und Not qualifizierte Fachkräften finden, lautet der Tenor. Der Fachkräftemangel ist in vielen Garagen so präsent, dass dieser die Problematik des tiefen Frauenanteils überschattet. Aus diesem Grund ist auch die Förderung von Frauen noch kein fester Bestandteil in der Branche. Obwohl es auf der Hand liegt: Frauen stellen ein grosses Arbeitskräftepotenzial dar, welches noch nicht ausgeschöpft ist. Dabei geht es bei der Frauenförderung jedoch nicht nur darum, mehr weibliche Personen anzusprechen und für die Branche zu gewinnen, sondern auch darum, die bestehenden Frauen zu halten und zu fördern. 

An dieser Stelle sollen die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt werden, die mittels einer Umfrage und diversen Interviews im Rahmen der Bachelorarbeit ermittelt wurden. Die Resultate zeigen, wie konkret mehr Frauen für das Autogewerbe gewonnen werden können. 

1. Junge Frauen direkt ansprechen
Um den prägenden Geschlechterstereotypen entgegenzuwirken und um Mädchen und junge Frauen für das Autogewerbe zu gewinnen, müssen diese bereits vor dem Berufswahlalter angesprochen werden. Dabei eignen sich zum Beispiel Schnuppertage oder Kooperationen mit Schulen, die speziell für Mädchen und junge Frauen angeboten werden. Wichtig ist hierbei, auch den Zugang zu den Eltern zu finden, da diese einen grossen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder haben. 

2. Direktansprache in der Stellenausschreibung
Sprechen Sie gezielt Frauen an, indem Sie mit kleinen Anpassungen in den Stellenausschreibungen punkten. Dazu können Bilder eingesetzt werden, die auch Frauen beim Ausüben eines Werkstattberufs zeigen und bestimmte Formulierungen, die sich gezielter an Frauen richten. Zudem sollte dabei eine geschlechtergerechte Sprachform nie vergessen werden. Verfassen Sie daher wenn möglich die Stelleninserate in einer geschlechtsneutralen Form und vermeiden Sie ausschliesslich die männliche Schreibform. 

3. Teilzeit oder andere Vereinbarkeitsmöglichkeiten schaffen
Seien Sie offen für Teilzeitstellen! Viele Stellen eignen sich sehr gut im Teilzeitmodell oder im Jobsharing. Sie erfordern einen grösseren Planungsaufwand, sind jedoch ein effektives Mittel zur Frauenförderung. Teilzeitstellen ermöglichen es Frauen mit Kindern, am Arbeitsleben teilzunehmen oder nach einer Auszeit wieder in den Beruf einzusteigen. Ebenso sprechen sie auch jüngere Generationen an, die neben der Arbeit eine Ausbildung absolvieren. Ein weiteres Plus, welches für Teilzeitmitarbeitende spricht ist, dass ihnen eine sehr hohe Arbeitsproduktivität nachgesagt wird.

Die Implementierung von Massnahmen zur Förderung von Frauen erfordert einen Kulturwandel im Unternehmen. Daher haben alle Empfehlungen nur eine Chance, wenn das entsprechende Mindset vorhanden ist. Überlegen Sie sich daher, ob Sie und Ihr Unternehmen für einen Kulturwandel bereit sind.
 
Haben Sie noch Fragen? Hier finden Sie den Kontakt:
Michelle Weber
, die Autorin der Bachelorarbeit, kann bei Bedarf ­kontaktiert werden: michelle.vveber@gmail.com 

Ebenso Dr. Daniela Frau, die als Betreuerin an der ZHAW School of Management & Law die Arbeit begleitete: frai@zhaw.ch
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